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Muspilli

Muspilli ist eine in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts entstandene altbairische Stabreimdichtung. Sie wurde 1817 von dem Hofbibliothekar Johann Andreas Schmeller (1785-1852) in einer Handschrift des Klosters St. Emmeram in Regensburg gefunden. Diese stammte aus dem Besitz Ludwig des Deutschen (ca 806-876) und war ein Geschenk des Bischofs Adalrams von Salzburg. Schmeller veröffentlichte die Dichtung 1832 unter dem von ihm selbstgewählten Titel Muspilli. Sie handelt vom Weltuntergang und dem Jüngsten Gericht.

Fassungen[]

Es ist nur eine Fassung des Muspillis bekannt, diese wird seit 1812 in der Staatsbibliothek in München aufbewahrt. Der Text wurde nachträglich von einem Unbekannten auf die freien Seiten und Ränder (61r, 119r,120r, 120v, 121rv) einer lateinischen Sammelhandschrift von St. Emmeram eingefügt. Eswird aufgrund einiger Abschreibfehler vermutet, dass es sich um eine Abschrift eines anderen Textes handelt, zudem ist die Schrift außergewöhnlich unbeholfen. Früher bestand die Annahme, Ludwig selbst hätte die Dichtung eingefügt, sie gilt aber inzwischen als überholt. Das Muspilli und das Hildebrandslied sind die einzigen, noch erhaltenen Überlieferungen aus dem Althochdeutschen in Stabreimform dieser Größenordnung.

Herkunft des Titels Muspilli[]

Der ursprüngliche Wortlaut des Titels, oder ob es überhaupt einen Titel gab, ist nicht bekannt. Die heute geläufige Bezeichnung Muspilli stammt von Johann Andreas Schmeller. Dieser benannte den Text nach dem nur einmal im Text enthaltenen Wort muspille (V.57), dessen Bedeutung bis heute ungeklärt ist. Dies liegt daran, dass es sich hierbei um ein hapax legomenon handelt, also ein Wort, dass nur ein einziges Mal überliefert ist.

An Spekulationen mangelt es jedoch nicht. Man findet zahlreiche Übersetzungsmöglichkeiten, wie 'Weltuntergang durch Feuer, Weltenrichter, Weltgericht, Weltuntergang, Weltbrand am Ende der Zeit' oder 'Weltzerstörung'.

Es gibt verschiedenste Vermutungen über die Etymologie des Wortes, unter anderem könnte der zweite Teil vom altnordischen spell (Bruch, Schaden), vom altsäschsischen spildan oder vom althochdeutschen spilden (zerstören, verderben) abgeleitet sein. Für den ersten Teil (mu-) gab es mehr als 20 verschiedene Deutungen.

Andere Formen des Wortes tauchen noch im Heliand und der Edda auf.

Heliand (4358ff)

"Mutspelli cumit

an thiustrea naht, al so thiof ferid

darno mid is dadiun, so kumid the dag mannun"


"anttat mudspelles megin obar man ferid,

endi thesaro uueroldes."


Edda

"Kióll ferr austan, koma muno Muspellz

umlog lýdir, enn Loki stýrir"


"enn er Muspellz synir rída Myrcvid yfir"

Inhalt und Aufbau[]

Das Muspilli behandelt das Thema Weltuntergang auf eine Art und Weise, die an eine Predigt erinnert. Weder Anfang noch Ende sind überliefert. Man geht aber davon aus, dass nur wenige Zeilen fehlen. Es erzählt, was nach dem Tode mit der Seele des Menschen passiert, den Kampf zwischen Elias und dem Antichristen sowie den Tag des jüngsten Gerichts.


Es lässt sich grob in zwei Teile gliedern:

  1. Der Kampf zwischen den Heeren von Himmel und Hölle um die Seele des Menschen

  2. Der Kampf Elias gegen den Antichristen, die Ankunft von Christus und den Tag des jüngsten Gericht

Im ersten Teil wird beschrieben was nach dem Tod eines Menschen mit dessen Seele geschieht: Die Heere des Himmel und der Hölle kämpfen gegeneinander um den Verbleib der Seelen.

"Wenn sich so die Seele auf den Weg macht und sie den Körper liegen läßt, so kommt ein Heer vom Himmelsgestirn und ein anderes vom Pech; da streiten sie herum."

Der Mensch kann diese Entscheidung durch seine Art zu Leben beeinflussen.

"Die Seele hat Grund, sich zu sorgen, wenn das Urteil ergeht, zu welchem der beiden Heere sie geholt werde."

"Deshalb ist es jedem Menschen sehr von Nöten, daß sein Sinn ihn dazu anhalte, daß er gerne Gottes Wille erfülle und daß er das Höllenfeuer, die Pein des Pechs sorgsam vermeide."

Der zweite Teil befasst sich mit dem Weltuntergang, dem Jüngsten Gericht und dem Kampf zwischen Elias und dem Antichristen. Der Text prophezeit eine Niederlage Elias, auf die der Weltuntergang folgt.

"Wenn dann das Blut des Elias auf die Erde trieft, so beginnen die Berge zu brennen, kein einziger Baum bleibt auf Erden stehen, die Flüsse trocknen aus, das Moor verschlingt sich selbst, der Himmel verglost in der Lohe, der Mond fällt herab, Mittgart brennt, kein Stein bleibt auf dem andern."

In Muspilli werden nur zwei schwere Sünden genannt: Mord (Verwandtenkampf) und Bestechlichkeit der Richter. Daher wird vermutet, dass der Text an adliges Publikum mit richterlichen Befugnissen gerichtet ist.

Sprache und Form[]

Es gibt, je nach Ansatz, zwischen 103 und 105 Versen, deren Sprache sehr anschaulich ist und an eine Predigt erinnert. Zudem enthält der Text auffällig viele Rechtstermini, weswegen man vermutet, dass er an eine adlige Zuhörerschaft gerichtet war, da die Rechtssprechung zur damaligen Zeit den Adligen oblag.

Obwohl Muspilli als Stabreimdichtung bekann ist, gibt es auch einige Endreime. Größtenteils handelt es sich um bairische Dichtung, mit leichten Einschlägen des Südrheinfränkischen.

Textvorlagen[]

Auch hier herrschen zahlreiche unterschiedliche Meinungen vor. G. Grau vermutet, dass sich die Fassung auf den Prediger Ephraem den Syrer zurückgeht, andere gehen davon aus, dass sie an eschatologische Apokryphen angelehnt ist. Des weiteren findet der Kampf zwischen Elias und dem Antichristen in russischen Legenden Erwähnung. Allerdings geht Elias hier als Sieger hervor. Außerdem schlägt sich darin das allgemeine Gefühl von Vergänglichkeit nach dem Tode Ludwigs des Deutschen nieder.

Quellen und Links[]

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Links:

http://www.linguistics.ruhr-uni-bochum.de/~strunk/Deutsch/muspilli.htm

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http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/09Jh/Muspilli/mus_frag.html

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http://apuzik.deutschesprache.ru/Das_Muspilli.html

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http://www.bsb-muenchen.de/Muspilli.2486.0.html

Literatur:

Birkhan, Helmut. Geschichte der altdeutschen Literatur im Licht ausgewählter Texte. Edition Praesens, Wien 2002.

Brunner, Horst. Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Reclam Verlag, Stuttgart 2010.

Jeske, Hans (2006): Zur Etymologie des Wortes MUSPILLI. In: Zeitschrift für deutsches Altertum (ZfdA) 135, S. 425-434.

Mohr, Wolfgang und Walter Haug. Zweimal "Muspilli". Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1977.