Die schwachen Verben im Althochdeutschen[]
Ebenso wie es zum Verständnis von althochdeutschen Texten wichtig ist die Flexion und die Ablautung der starken Verben nachvollziehen zu können und diese zu beherrschen, ist es für ein umfassendes Textverständnis auch unabdingbar über die Systematik der schwachen Verben des Althochdeutschen informiert zu sein.
Der folgende Artikel befasst sich mit generellen Einteilung der schwachen Verben, wobei einerseits ein besonderer Augenmerk auf die semantischen Unterschiede der einzelnen Klassen und andererseits auf die Flexionsformen mit den jeweiligen Besonderheiten gelegt werden soll.
Eingangs gilt es allerdings überhaupt einmal die Unterschiede zwischen starken und schwachen Verben zu klären.
Die Unterschiede zwischen starken und schwachen Verben[]
Am deutlichsten wird die Unterscheidung der beiden Verbklassen anhand eines direkten Vergleichs:
Infinite Formen starkes Verb* |
Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präteritum |
werfan werfanti, werfenti giworfan |
Infinite Formen schwaches Verb** |
Infinitiv Partizip Präsens Partzip Präteritum |
s'a'lbôn s'a'lbônti gis'a'lbôt |
Finite Formen starkes Verb |
Präsens |
Präteritum |
Finite Formen schwaches Verb |
Präsens |
Präteritum |
Indikativ Sg.
|
1. ih wirfu 2. dû wirfis 3. er, siu, iz wirfit
2. ir werfet 3. sie, sio, siu werfent |
warf wurfi warf
wurfut wurfun |
Indikativ Sg.
|
1. salbôn 2. salbôs 3. salbôt
2. salbôt 3. salbônt |
salbôta salbôtos salbôta
salbôtut salbôt |
Konjunkti
Sg.
Pl. |
2. dû werfês 3. er, siu, iz werfe
1. wir werfemês, werfên 2. ir werfêt 3. sie, sio, siu werfên |
1. wurfi 2. wurfîs 3. wurfi
2. wurfît 3. wurfîn |
Konjunktiv
Sg.
Pl. |
1. salbôe 2. salbôês 3. salbôe
2. salbôêt 3. salbôên |
salbôti salbôtîs salbôti
salbôtît salbôtîn |
Imperativ |
2.P.Sing.: wirf 2.P.Pl.: werfet |
Imperativ |
2.P.Sing.: salbo 2.P.Pl.: salbôt |
Was lässt sich nun aufgrund dieser Gegenüberstellung des starken Verbs werfan und des schwachen Verbs salbôn über die grundlegenden Unterschiede der starken und schwachen Verben im Althochdeutschen aussagen?
1. Betrachtet man die beim starken Verb pink und beim schwachen Verb rot eingefärbten Stammvokale, so fällt direkt auf, dass bei den schwachen Verben keine Umlautung des Stammvokals stattfindet. Unabhängig davon, in welchem Modus, in welcher Tempus oder in welchem Numerus wir uns befinden.
2. Wirft man nun einen Blick auf die Präteritumsformen des schwachen Verbs, so fällt das grün eingefärbte -t- auf. Dieses -t- wird auch als Dentalsuffix bezeichnet. Es dient der Bildung der Vergangenheit und substituiert gewissermaßen die Änderung des Stammvokals beim starken Verb.
3. Ein letzter Unterschied der sich unmittelbar aus der Tabelle nachvollziehen lässt, ist der auslautende Vokal im Imperativ des schwachen Verbs in der 2. Person Singular. In unserer Tabelle ist dieses Phänomen violette eingefärbt.
Auf wenige Stichpunkte gebracht bedeutet das:
- Die schwachen Verben haben keinen Ablaut.
- Die schwachen Verben bilden das Präteritum mit Dentalsuffix.
- Der Imperativ der schwachen Verben in der 2.Person Singular endet auf einen auslautenden Vokal.
Zwar gelten diese grundlegenden Unterschiede für alle schwachen Verben, aber auch diese Klasse lässt sich noch weiter unterteilen und differenzieren. Um die Einteilung und die Besonderheiten der schwachen Verben kennen zu lernen lesen Sie bitte die folgenden Artikel über die Semantik und die Flexion.
- /** Die beiden ausgewählten Verben sind jeweils nur beispielhafte Vertreter und dienen lediglich dazu, den Unterschied zwischen starken und schwachen Verben deutlich zu machen. Weitergehende Schlussfolgerungen zur Systematik der beiden Verbarten sind aus dem knappen Vergleich nicht erschließbar.
Literatur[]
Bergmann, Rolf/Pauly, Peter/Moulin, Claudine (2007): Alt- und Mittelhochdeutsch. Arbeitsbuch zur Grammatik der älteren deutschen Sprachstufen und zur deutschen Sprachgeschichte. 7. überarbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen.
Schützeichel, Rudolf (2006): Althochdeutsches Wörterbuch. 6. überarbeitete und um die Glosse erweiterte Auflage. Niemeyer: Tübingen.